NABU-Kreuzfahrt-Ranking 2018: AIDA punktet mit alternativem Antrieb. Schiffsabgase sind eine Belastung für Umwelt und Gesundheit.
Nur ein Kreuzfahrtschiff verzichtet auf den Antrieb mit giftigem Schweröl und setzt stattdessen auf einen schadstoffärmeren Kraftstoff: Die AIDA Nova wird als erstes Kreuzfahrtschiff der Welt mit Flüssiggas (LNG) betrieben. Daher landet der Neubau im NABU-Kreuzfahrt-Ranking 2018 auf Platz eins. Alle anderen der 76 untersuchten Schiffe, darunter auch acht von neun Schiffen, die in diesem Jahr auf den Markt kommen, halten am dreckigsten aller Kraftstoffe, Schweröl, fest. Besonders die Branchenriesen MSC Cruises, Celebrity Cruises und Royal Caribbean haben aktuell im Bereich Umweltschutz kaum etwas zu bieten. Für die Häfen fordert der NABU ein Einfahrverbot für dreckige Schiffe ab 2020.
Einzig die deutschen Anbieter Hapag-Lloyd Cruises und TUI Cruises können bei der Luftreinhaltung einigermaßen mithalten, indem sie auf ihren jüngsten Flottenzugängen Stickoxid-Katalysatoren einsetzen oder für die Versorgung mit Landstrom während des Hafenbetriebs gerüstet sind. Einen Partikelfilter zur Senkung der besonders gesundheitsschädlichen Rußpartikel sucht man jedoch auch bei diesen Schiffen vergeblich.
NABU-Kritik an Reedereien wegen Schweröl.
„Es ist ein Skandal, dass im Jahr 2018 immer noch Schiffe auf den Markt kommen, die auf Schweröl als Treibstoff ausgelegt sind und keine wirkungsvolle Abgastechnik einsetzen. In allen großen Hafenstädten Europas leiden die Menschen massiv unter der zu hohen Luftschadstoffbelastung durch die boomende Kreuzfahrtindustrie“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Doch die Reeder entziehen sich größtenteils weiter ihrer Verantwortung. „Mehr Hafenstädte und besonders schützenswerte Regionen müssen endlich Einfahrverbote für schmutzige Kreuzfahrtschiffe verhängen, wie dies in norwegischen Fjorden bereits der Fall ist“, so Miller. Nur so sei die Gefahr für die Gesundheit der Anwohner und für sensible Ökosysteme kurzfristig einigermaßen in den Griff zu kriegen.
Lob für AIDA Nova, die als erstes Kreuzfahrtschiff mit LNG fährt.
Der öffentliche Druck, unterstützt durch die NABU-Kampagne für saubere Kreuzfahrtschiffe, trägt dennoch erste Früchte. Zum ersten Mal wird 2018 mit der AIDA Nova ein Kreuzfahrtschiff mit LNG in See stechen. Die Nutzung dieses Kraftstoffs reduziert die Abgasbelastung erheblich und ist daher eine echte Verbesserung der Luftqualität besonders für betroffene Anwohner in Hafenstädten und in Küstennähe. Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik NABU-Bundesverband: „Es ist lobenswert, dass AIDA hier voran geht und bei neuen Schiffen auf emissionsmindernde Technologie setzt. Jetzt sind auch die Wettbewerber gefragt, deutlich mehr in diesem Bereich zu investieren. Gleichwohl sind alle Unternehmen weiterhin gefordert, auch Lösungen zur umfassenden Abgasreinigung für die wesentlich größere Bestandsflotte voranzutreiben.“
Zudem sei LNG keineswegs der Heilsbringer für die Schifffahrt, da es sich weiterhin um einen fossilen Kraftstoff handele. Hier werde leider zu oft mit geschönten Zahlen operiert. „Eine jüngst veröffentlichte Studie unseres Dachverbandes Transport & Environment zeigt erneut, dass LNG keinen nennenswerten Vorteil gegenüber Diesel bringt wenn es um den Klimaschutz geht“, so Oeliger. Deshalb sei die Branche aufgerufen, mit Nachdruck Antriebssysteme und Kraftstoffe zu entwickeln und flächendeckend einzusetzen, die nicht nur den Luftschadstoff-, sondern auch CO2-Ausstoß deutlich reduziere. Ohne einen massiven technologischen Wandel in der Schifffahrt seien die Pariser Klimaziele sonst nicht einzuhalten.
NABU fordert Einfahrtverbot für dreckige Schiffe in Häfen ab 2020.
Für die Häfen fordert der NABU ein Einfahrverbot für dreckige Schiffe ab 2020. „Die Reeder hatten ausreichend Zeit sich zu entscheiden, ob sie wirkungsvolle Abgastechnik an Bord installieren, saubereren Kraftstoff verbrennen oder sich extern mit Landstrom versorgen lassen. Es mangelt nicht an Möglichkeiten, sondern am Willen der politischen Entscheider, der Kreuzfahrtbranche etwas abzufordern“, sagt Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik NABU Hamburg. Die enormen gesundheitlichen Gefahren von Schiffsemissionen seien nicht länger tragbar.
Erwartungsgemäss widerspricht Cruise Lines International Association (CLIA), die vereinte Stimme der internationalen Kreuzfahrtbranche der NABU-Darstellung im Kreuzfahrt-Ranking 2018.
CLIA nimmt Stellung zum NABU-Kreuzfahrt-Ranking 2018
Der Kreuzfahrtverband CLIA nimmt anlässlich eines heute veröffentlichten Kreuzfahrtrankings Stellung zu einigen Aussagen des NABU. Grundsätzlich verfolgen der NABU und CLIA die gleichen Ziele, nämlich die Emissionen zu reduzieren und die Umwelt zu schützen. Allerdings unterscheiden sich die Auffassungen hinsichtlich der entsprechenden technischen Verfahren und der möglichen Umsetzungsgeschwindigkeit.
Aus Sicht des Kreuzfahrtverbands CLIA müssen einige Aussagen des NABU eingeordnet werden, da eine zu undifferenzierte Betrachtung des Sachverhalts zu Fehlschlüssen und Missverständnissen führt. Dabei geht es unter anderem um folgende Aspekte.
Schweröl: Der Einsatz von Schweröl ohne entsprechende Filter ist u.a. in der Nord- und Ostsee und den angrenzenden Häfen verboten. Bereits seit 2015 nutzen Schiffe in diesen Gewässern und den angeschlossenen Häfen gemäß der Vorschrift kein Schweröl ohne den Einsatz entsprechender Filter. Konkret heißt dies: Kreuzfahrtschiffe, die Schweröl nutzen, müssen gleichzeitig gesetzlich anerkannte Technologien einsetzen (sogenannten Abgasnachbehandlungssysteme), die die Schwefelemissionen auf das Niveau von schwefelarmen Dieselkraftstoff reduzieren. Bei diesem Verfahren werden gleichzeitig weitere Schadstoffe aus dem Abgas herausgefiltert. Alternativ müssen die Schiffe andere Treibstoffe verwenden, wie Marinediesel oder Flüssiggas (LNG, liquified natural gas). Die Einhaltung dieser Vorgabe prüfen die zuständigen Behörden regelmäßig. Bis heute ist kein Verstoß durch ein Kreuzfahrtschiff festgestellt worden. Die Behauptung, alle Kreuzfahrtschiffe würden Schweröl nutzen und dabei keine Filtersysteme einsetzen, ist damit falsch.
Ein strengeres weltweites Schwefellimit wurde bereits beschlossen. Die IMO (International Maritime Organization), eine Unterorganisation der Vereinten Nationen, zeichnet verantwortlich für die internationale Regulatorik der Schifffahrt. Ab dem 1. Januar 2020 sind nur noch Treibstoffe zulässig, die maximal ein Siebtel des Schwefelgehalts von derzeit zulässigen Treibstoffen enthalten. In Nord- und Ostsee sowie den Häfen gilt bereits seit dem 1. Januar 2015 eine Höchstgrenze von 0,1 Prozent Schwefelanteil. Obwohl Kreuzfahrtschiffe weniger als ein Prozent der weltweiten Handelsflotte ausmachen, geht CLIA hier noch einen Schritt weiter und spricht sich für ein Mitführverbot von nicht zulässigen Treibstoffen für Schiffe aus. Dieser verschärfte Standard würde die Einhaltung der neuen Regelung zusätzlich unterstützen.
111 von 253 CLIA-Kreuzfahrtschiffe sind mit Abgasnachbehandlungssystem ausgerüstet.
Umwelttechnologien: Nach Erhebungen der CLIA sind bereits 111 der aktuell 253 Schiffe der weltweiten Flotte der CLIA-Mitglieder mit Abgasnachbehandlungssystemen ausgestattet (Stand August 2018). Mehrstufige Abgasreinigungssysteme reduzieren laut Angaben der Hersteller Schwefelemissionen um 99 Prozent, Stickoxide um 95 Prozent und Rußpartikel um 90 Prozent. Der Großteil der 111 Schiffe wird wegen der Umweltschutzauflagen in der Nord- und Ostsee eingesetzt. Die Zahl der Schiffe mit Abgasnachbehandlungssystemen steigt: Vor etwa einem Jahr waren es 99 Schiffe. Der Fortschritt zeigt, dass die Branche als Ganzes am Einsatz neuer Technologien arbeitet. Neben den Abgasnachbehandlungssystemen kommen immer mehr Schiffe mit alternativen Antrieben auf den Markt. So wurde heute das erste Kreuzfahrtschiff weltweit, das ausschließlich mit Flüssiggas betrieben wird, in Deutschland fertiggestellt. Die Reedereien investieren erheblich in neue Schiffe und Technologien: Mehr als jeder vierte Euro, den die Reedereien allein im vergangenen Jahr in Europa ausgaben, entfielen auf den Schiffbau und die Instandhaltung der Kreuzfahrtschiffe. Das entspricht 5,63 Milliarden Euro. Die Forderung des NABU, die Ausstattung der gesamten Kreuzfahrtflotte mit Umwelttechnologien stärker voranzutreiben, wird bereits erfüllt.
Kreuzfahrt macht 1 Prozent der Stickoxid-Emissionen in Hamburg aus.
Verantwortlich für 1 Prozent der Emissionen in Hamburg: Die Kreuzfahrtindustrie setzt sich auch für die Verringerung von Emissionen in den Hafenstädten ein. Und das, obwohl die Kreuzfahrt zum Beispiel nur etwa ein Prozent der Stickoxid-Emissionen im Stadtgebiet Hamburgs* ausmacht. Dass der NABU hier von einer massiven Belastung durch die „zu hohen Luftschadstoffbelastungen durch die boomende Kreuzfahrtindustrie“ spricht, beruht nicht auf den Tatsachen und verunsichert Verbraucher vielmehr. Hinzu kommt, dass die Hansestadt aktuell der einzige Hafen in Europa ist, der eine Landstromversorgung für Kreuzfahrtschiffe anbietet. So werden die Emissionen durch Kreuzfahrtschiffe im Hafen noch weiter gesenkt. Der zweite Hafen wird ebenfalls ein deutscher sein: Kiel. Klima- und Umweltschutz bleibt für CLIA und ihre Mitglieder eine Daueraufgabe. Das zeigen die Investitionen in die Schiffsausstattung und der ständige Dialog mit internationalen Seeschifffahrtsorganisationen. Jedes Jahr verzeichnet die Kreuzfahrtbranche Fortschritte. Wir wollen auch in Zukunft Vorreiter im maritimen Umweltschutz bleiben.
Keine Filter für ultrafeine Partikel verfügbar: Der NABU fordert immer wieder den Einsatz von Filtern für Feinstaub. Fakt ist: Es gibt bislang weltweit keine einsatzreifen Filter für große Schiffsmotoren, die Ultrafeinstaub aus Abgasen herausfiltern könnten. Die Kreuzfahrtbranche geht daher parallel verschiedene Wege: Einerseits arbeitet man intensiv an der Entwicklung der Filtertechnologie und andererseits setzt man vermehrt auf andere Brennstoffe für Schiffsmaschinen, etwa Flüssiggas (LNG). Die bereits verfügbaren und eingebauten Rußpartikelfilter für Partikelgrößen von PM 2,5 und PM 10 werden allerdings im Ranking ignoriert.
Willkürliche Punktevergabe: Ein wissenschaftlicher und nachvollziehbarer Ansatz ist beim Kreuzfahrtranking nicht zu erkennen. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der NABU die Umwelttechnologien von Jahr zu Jahr unterschiedlich bewertet. Wurde im vergangenen Jahr noch der Einsatz von Stickoxidkatalysatoren und die Nutzung von Landstrom mit nur 1,5 Punkten gewertet, sind es in diesem Jahr 2,5 Punkte. Die maximale Punktzahl beträgt aber nach wie vor 4 Punkte.
Messmethoden des NABU: Die Messungen des NABU haben aus zwei Gründen keine besondere Aussagekraft: Zum einen sind punktuelle Messungen von Emissionen hinter oder auf einem Schiff nicht vergleichbar mit den Durchschnittswerten, die von einer festen Messstation über einen Zeitraum von 24 Stunden oder länger gemessen werden, um wissenschaftlichen Anforderungen zu genügen. Zum anderen werden die Messungen des NABU zum wiederholten Male mit einem laut Herstellerangaben nicht dazu geeigneten Handmessgerät vorgenommen. Dieses Gerät ist für saubere Innenräume hergestellt worden und liefert somit keine belastbaren Ergebnisse außerhalb von Innenräumen. Die strichprobenartigen Messungen des NABU auf freiem Feld sind daher wissenschaftlich nicht haltbar.
* Das belegt der aktuelle Luftreinhalteplan von Hamburg
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